Länderprofil
Abbildung Somalia 1991

Somalia

Gültigkeit Seit 01.09.1991
Amtssprache Arabisch Somali In Somalia gibt es zwei Amtssprachen: Somali (erste Amtssprache seit 1972) und Arabisch (zweite Amtssprache). Englisch und Italienisch sind darüber hinaus Handels- und Bildungssprachen. Der Schulunterricht erfolgt je nach Region und Schule auf Somali, Arabisch oder Englisch.

Beschreibung

Der grundlegende Aufbau des Bildungssystems in Somalia besteht aus drei aufeinander aufbauenden Stufen: vier Jahre Grundschule, vier Jahre Mittelschule und vier Jahre weiterführende Schule. Die Inhalte der Bildungsgänge liegen in der Hand der drei Regionen Central South Zone (CSZ), Somaliland und Puntland. Die Zuständigkeit für die Lehrpläne der staatlichen Primarstufe, der Sekundarstufe, der beruflichen Bildung sowie der Hochschulbildung liegt seit 2012, zumindest offiziell, bei den jeweiligen Bildungsministerien der verschiedenen Regionen. Die Verantwortlichkeit für den tertiären Bereich liegt seither bei den regionalen Ministerien für höhere Bildung (MoHE).

Nach dem Besuch einer vierjährigen Grundschule haben die Schülerinnen und Schüler seit 2011 das Recht, vier Jahre lang eine kostenfreie, öffentliche Mittelschule zu besuchen. Im Anschluss daran gibt es im offiziellen Bildungssystem zwei Möglichkeiten: Entweder der Besuch einer vierjährigen, weiterführenden Schule (Secondary School), bei deren Abschluss ein Secondary School Leaving Certificate (Shahaadada Dugsiga Sare) erworben wird oder der Besuch einer ebenfalls vierjährigen, mittleren Berufsschule (Technical Secondary School), der mit dem Erwerb eines Vocational Secondary School Certificates abschließt. Für den Bereich der beruflichen Bildung werden derzeit in keiner der drei Regionen einheitliche Lehrpläne und auch keine standardisierten Prüfungs- oder Zertifizierungssysteme eingesetzt. Die einzigen bisher existierenden, standardisierten Lehrpläne für den Bereich der beruflichen und technischen Bildung wurden von der UNESCO entwickelt und umfassen verschiedene Berufe im Bereich Handwerk und Handel.

Weitere Bildungsangebote gibt es in Somalia im tertiären Bereich an einer der landesweiten Universitäten. Der erfolgreiche Besuch einer privaten oder staatlichen Universität führt zu einem (Higher) Diploma oder einem internationalen Grad wie dem Bachelor- und Master-Abschluss. Zudem gibt es im post-sekundären Bereich technische Institute, deren Besuch zu einem Diploma-Abschluss in Fächern wie IT, Ingenieurswesen und Mechanik führt. Einige dieser Institute befanden und befinden sich seit 1991, mithilfe von internationalen Geldern, im Wiederaufbau. Es konnten allerdings keine Informationen recherchiert werden, ob derzeit technische Institute im laufenden Betrieb sind und in welchem Umfang dies der Fall ist.

Die Berufsbildung findet in allen drei Regionen Somalias meist auf informeller Ebene statt. Lediglich ein Bruchteil der beruflichen Bildung ist formalisiert und staatlich anerkannt. Vor allem in den Regionen Somaliland und Puntland, die politisch stabiler sind als die Central South Zone (CSZ), wurden in den vergangenen Jahren verstärkt Versuche des Aufbaus einer Bildungsstruktur unternommen und auch einige Berufsbildungsprogramme initiiert. Diese Programme wurden größtenteils im Rahmen der Entwicklungshilfe und durch westliche Nichtregierungsorganisationen umgesetzt. Dabei werden Bereiche wie Bekleidungsherstellung, Tischlerei, IT, Maurerhandwerk, Elektrik, Mechanik und Wasserinstallation abgedeckt. Die berufliche Bildung im Rahmen der formalen und non-formalen Programme richtet sich häufig an leistungsschwächere und benachteiligte Schülerinnen und Schüler. Durch die Berufsausbildung soll ihnen eine Teilhabe am Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Eines der Hauptprobleme der beruflichen Bildung in Somalia ist in diesem Zusammenhang, dass die Berufsbildung ein sehr geringes Ansehen hat und sich Jugendliche, wenn sie die Möglichkeit haben, eher für die Hochschulbildung entscheiden.

Weitere Angebote im Bereich der non-formalen Bildung beinhalten Formate wie Alphabetisierungskurse, Gesundheitsbildungsangebote und landwirtschaftliche Weiterbildung. Zielgruppen sind je nach Programm (frühe) Schulabgänger, Jugendliche sowie Erwachsene.

Zudem wird in manchen Gegenden Somalias die arabisch geprägte Bildungsstruktur mit sechs Jahren Grundbildung und jeweils drei Jahren Sekundarstufe I und Sekundarstufe II umgesetzt.

Landesspezifische Besonderheiten

Das Bildungssystem in Somalia war durch jahrzehntelange politische Konflikte und (Stammes-)Kriege lange Zeit völlig zerbrochen und ist nach wie vor stark geschwächt. Der Fokus liegt daher auf der Vermittlung von Grundbildung, sodass berufliche und hochschulische Bildung nur eine minimale Rolle spielen. Die Bildungsbeteiligungsquote in Somalia ist insgesamt sehr gering – weniger als ein Drittel der Kinder im Einschulungsalter besuchen eine Schule (Quelle: UNICEF, 2017) – und die Analphabetismus-Quote ist eine der höchsten der Welt. Zudem liegt das Alter vieler Schülerinnen und Schüler zum Zeitpunkt ihres Primarschulbesuchs deutlich über dem vorgesehenen Einschulungsalter von sechs Jahren. Die meisten Schulen befinden sich in den Ballungszentren von größeren Städten wie Mogadishu, Hargeisa und Boosaaso, während auf dem Land kaum eine Bildungsstruktur vorhanden ist.

Viele Bildungseinrichtungen in Somalia sind privat organisiert und kostenpflichtig. Die Grundbildung an öffentlichen Schulen ist zwar offiziell seit 2011 kostenfrei, allerdings fehlen dem Staat häufig die Ressourcen zum Bezahlen der Lehrkräfte und der schulischen Betriebskosten sowie der Lehrmaterialien. Durch die hohe Armut im Land sind die Kosten für Bildung einer der Hauptgründe für die niedrige Bildungsbeteiligung. Ein weiterer Grund liegt in der nach wie vor weit verbreiteten Lebensform des Nomadismus. Über 60 Prozent der somalischen Bevölkerung gehört traditionellen Clans an, die in Wanderwirtschaft leben. Durch die damit verbundene Lebensweise ist für viele Kinder und Jugendliche der Schulbesuch an einem festen Standort nicht möglich.

Zusatzinformationen zu den Regionen Somalias:

Die Region Somaliland hat sich 1991 für unabhängig erklärt und strebte eine Anerkennung als unabhängiger Staat an, die bis dato (Stand 2017) jedoch nicht genehmigt wurde. Seit 1998 gibt es zudem den Puntland State of Somalia, der zwar weitgehend autonom ist, aber keine Unabhängigkeit von Somalia anstrebt. Im Gegensatz zu Somaliland und Puntland, die als relativ stabile und friedliche Regionen gelten, ist die politische Lage in der Central South Zone (CSZ) nach wie vor politisch sehr instabil und von Stammeskämpfen geprägt.

Aktuelle Reformprozesse

Das formale Bildungssystem in Somalia gehört nach wie vor zu den weltweit am wenigsten entwickelten Bildungssystemen. Sich seit Jahrzehnten entwickelnde Konflikte, Dürren und wirtschaftliche Krisen sorgen in Somalia dafür, dass die meisten Kinder und Jugendlichen keinen Zugang zur Bildung haben. Dennoch sind seit 2012 verstärkte Bemühungen zu beobachten, das Bildungssystem – größtenteils mit internationaler Hilfe – aufzubauen und die Bildungsbeteiligung zu erhöhen. Ein wichtiger Fokus liegt dabei, nach der Grundbildung und einer Verbesserung der Lehrerausbildung, auf der Ausweitung beruflicher Bildung.

Nach Bürgerkriegsende und der Unabhängigkeit Somalias im Jahr 1991 konnten zunächst keine umfassenden und landesweiten Curricula für den Schulunterricht umgesetzt werden. Lange Zeit existierten sieben verschiedene Bildungsinstitutionen nebeneinander, die unterschiedliche Curricula anboten. Auch die Sprache der Lehrpläne (Somali, Arabisch oder Englisch) variierte je nach Präferenz der einzelnen Dachorganisationen oder Bildungsanbieter. Seit 2013 wird in einem umfangreichen Projekt daran gearbeitet, die bestehenden Lehrpläne der Klassenstufen eins bis zwölf zusammenzuführen und auf die drei verschiedenen Unterrichtssprachen zu übersetzen.

Die Zahl der Berufsbildungszentren im Land betrug im Jahr 2020 nur 58, von denen die meisten von NGOs verwaltet werden und 21 % in der Regionalverwaltung von Banaadir liegen - und im Allgemeinen nur im südlichen und mittleren Teil des Landes. Dies zeigt deutlich, dass der Zugang zur beruflichen Bildung für die junge Bevölkerung des Landes begrenzt ist.

Im "National Education Sector Strategic Plan 2022-2026" sind Ziele zum Ausbau des TVET-Systems im Land formuliert. Die Zahl der Auszubildenden soll von derzeit 8.701 (2020) auf 30.000 bis zum Ende der Planperiode erreicht werden. Der Plan sieht den Bau von 21 neuen öffentlichen TVET-Zentren sowie die Renovierung der bestehenden Zentren vor. Weiterhin soll bis 2026 ein "National Qualification Framework for TVET" entwickelt werden.

Weiterführende Informationen

Quellen und Links

Quellen (Auszug):

Eno, M. A., Eno, O. A., Dammak, A. & Mweseli, M. N. W. (2014): Somalia: An overview of Primary and Secondary Education. In: Journal of Somali Studies, 1:1, 2014, 11-33.

The Heritage Institute for Policy Studies (2013): The State of Higher Education in Somalia: Privatization, rapid growth, and the need for regulation.

Ministry of Education, Culture and Higher Education (2022): National Education Sector Strategic Plan 2022-2026.

Ministry of Education Puntland (2012): Education Sector Plan 2012–2016. Puntland State of Somalia.

Williams, J. & Cummings, W. (2015): Education from the Bottom up: UNICEF’s Education Programme in Somalia. In: International Peacekeeping, 22:4, 419-434.

Informationen des Auswärtigen Amtes