Länderprofil
Abbildung Kanada 1986

Kanada

Gültigkeit Seit 01.01.1986
Amtssprache Französisch, Englisch Laut Statistics Canada (kanadische Statistikbehörde) sind Englisch und Französisch die Muttersprachen von 56,9 % bzw. 21,3 % der Bevölkerung. Die meisten der französischsprachigen Kanadier (85%) leben in Québec, es gibt jedoch auch bedeutende frankophone Bevölkerungsgruppen in anderen Landesteilen (Ontario, Alberta, Süden von Manitoba, Norden und Südosten von New Brunswick, südwestliches Nova Scotia, Kap-Breton-Insel).

Beschreibung

Das Berufsbildungssystem Kanadas ist dezentral organisiert. Damit entfällt die Verwantwortung der Ausgestaltung und Verwaltung des Berufsbildungssystems in den Kompetenzbereich der dreizehn Provinzen. Jedoch sind die Berufsbildungssysteme - mit Ausnahme der Provinz Quebec - ähnlich ausgestaltet.

Berufsbildungssystem aller Provinzen ausgenommen Quebec
Nach und während der "High School" Zeit von 12 Jahren (Ausnahme: Nova Scotia 13 Jahre) bestehen folgende Möglichkeiten eine Ausbildung zu beginnen:

  • Einschreibung in ein "Secondary School Apprenticeship Program"
  • Einschreibung in ein "Entry-Level Trades Training Program" (ELTT)
  • Einschreibung in ein "Apprenticeship Program"
  • Einschreibung in ein "Community College/Junior College"

"Secondary School Apprenticeship Program"
Bereits in der Sekundarstufe haben Schüler die Möglichkeit sich in ein "Secondary School Apprenticeship Programm" einzuschreiben. Hier werden bereits während der allgemeinen Schulbildung Grundkenntnisse im angestrebten Ausbildungsberuf vermittelt. Das Programm deckt das meiste/alles des ersten von drei Levels eines "Apprenticeship Program" ab. Es dient hauptsächlich zur beruflichen Orientierung. Die erreichten "Credits" können in einem anschließenden "Apprenticeship Program" angerechnet werden. Es ist jedoch auch möglich, nach dem High School Abschluss eine Beschäftigung aufzunehmen. Die Programmdauer umfasst bis zu 500 Stunden und findet parallel zur "High School" statt. Eine Teilnahme an einem "Secondary School Apprenticeship Program" wird im "High School Diploma" vermerkt. Ein gesondertes Abschlusszeugnis wird nicht ausgestellt. An manchen Bildungseinrichtungen erhalten die Absolventen jedoch zusätzlich ein sogenanntes "Certificate of Completion" (Zeugnis über die erfolgreiche Teilnahme an dem Programm).

"Entry-Level Trades Training Program (ELTT)"
Bereits in der Sekundarstufe haben Schüler die Möglichkeit ein "ELTT-Program" oder auch "Foundation Programs" genannt, zu belegen. Dabei handelt es sich um eine Art Vorbereitung auf ein "Apprenticeship Program". Es ermöglicht nach dem "High School"-Abeschluss einen erleichterten Einstieg in ein "Apprenticeship Program". Allgemein deckt ein "ELTT-Program" den ersten Level eines "Apprenticeship Program" ab. Hier besteht ebenfalls die Möglichkeit erworbene Credits in eine anschließende Ausbildung mitzunehmen. Die Pragrammdauer variiert zwischen zwölf Wochen und 10 Monaten. Es ist jedoch möglich, nach dem High School Abschluss eine Beschäftigung aufzunehmen. Eine Teilnahme an einem "Entry-Level Trades Training Program" wird im "High School Diploma" vermerkt. Ein gesondertes Abschlusszeugnis wird nicht ausgestellt. An manchen Bildungseinrichtungen erhalten die Absolventen jedoch zusätzlich ein sogenanntes "Certificate of Completion" (Zeugnis über die erfolgreiche Teilnahme an dem Programm).

"Apprenticeship Program" / "Apprenticeship Vocational & Technical Training"
Die Zugangsvoraussetzungen variieren je nach Provinz und Ausbildungsberuf. Bei der großen Mehrzahl der Ausbildungsberufe wird jedoch ein "High School" Abschluss vorausgesetzt. "Apprenticeship Programs" sind ähnlich wie im deutschen System eine Kombination aus Arbeiten im Betrieb und theoretischem Unterricht. Den größten Teil seiner Ausbildung (ca. 80%) verbringt der Lehrling ("Apprentice") im Betrieb. Die theoretische Ausbildung (ca. 20%) findet am "College", einem Schulungszentrum der Gewerkschaft, einer privaten Einrichtung oder auch online statt. Der Lehrling wird von einer im entsprechenden Beruf erfahrenen Person, einer sogenannten "Journeyperson", ausgebildet und betreut. Die Ausbildungsdauer variiert je nach Beruf und Provinz zwischen einem und vier Jahre. Am Ende eines jeden Jahres muss eine Prüfung absolviert werden um ins neue Ausbildungsjahr zu gelangen. Nach Bestehen der Abschlussprüfung wird ein sogenanntes "Certificate of Qualification" ausgestellt.

"Community College/Junior College"
Zugangsvorraussetzung ist der "High-School" Abschluss. Das Programm hat eine Dauer von 2 Jahren. Es werden jedoch auch einige "four-year colleges" angeboten. In diesem Falle handelt es sich meist um sogenannte 2+2 Programme bei denen die Studenten nach zwei Jahren Studium einen "Associate Degree" und nach weiteren zwei Jahren einen Bachelor-Abschluss erhalten.  Beim "Associate Degree" handelt es sich um anwendungsorientierte Studiengänge. Die angebotenen Fächer orientieren sich oft an den Anforderungen der lokalen Wirtschaft und führen in die Berufstätigkeit.


Quelle: Canadian Apprenticeships Forum

Berufsbildungssystem Quebec
Das Berufsbildungssystem Quebecs unterscheidet sich deutlich von dem der anderen Provinzen Kanadas.  Es besteht eine Schulpflicht für alle Jugendliche von 6 bis 16 Jahre. Am Ende der 6-jährigen Grundschule gehen alle Schüler auf die Sekundarschule, die in 2 Zyklen geteilt ist: ein erster Zyklus von 2 Jahren und ein zweiter Zyklus von 3 Jahren.  Am Ende des zweiten Zyklus (5. Jahr der Sekundarschule) bekommen die Schüler das „Diplôme d‘études scolaires - DES“, was ihnen erlaubt an ein College zu gehen.

Während und nach der Sekundarschule haben Jugendliche ab einem Alter von 15 Jahren erstmalig die Möglichkeit auf verschiedenen Einstiegniveaus einen berufsbildenden Zweig zu besuchen. Es wird zwischen dem praxisorientierten Ausbildungsweg (parcours de formation axée sur l’emploi) und der beruflichen Ausbildung (formation professionnelle et technique) unterschieden.

Praxisorientierter Ausbildungsweg (Parcours de formation axée sur l’emploi)
Dieses Programm ist stark praxisorientiert und richtet sich eher an Schulabbrecher oder Jugendliche mit schulischen Schwierigkeiten zur Förderung ihrer Integration ins Erwerbsleben. Dieser Ausbildungsweg wird an Schulen angeboten.

  • Nach dem zweiten Jahr der Sekundarschule (erster Zyklus der Sekundarschule) besteht die Möglichkeit ein sogenanntes „Formation préparatoire au travail“ zu belegen. Dieses Programm richtet sich an Schulabbrecher oder Schüler, die das Ziel des Lehrplans der Grundschule in den Fächern Französisch/English und Mathematik nicht erreicht haben. Es umfasst neben Unterricht auch Praktika in Unternehmen. Das Programm hat eine Dauer von 3 Jahren. Absolventen erhalten ein "Certificat de formation préparatoire au travail - CFPT". Anschließend kann eine Beschäftigung aufgenommen oder eine „Formation à un métier semi-specialisé“ begonnen werden (siehe unten).
  • Ebenfalls nach Abschluss des zweiten Jahres der Sekundarschule oder im Anschluss an ein "Formation préparatoire au travail " können Schüler, die das Ziel des Lehrplans des ersten Zyklus der Sekundarschule in den Fächern Französisch/Englisch und Mathematik nicht erreicht haben,  ein sogenanntes "Formation à un métier semi-specialisé“ belegen. Die Programmdauer beträgt weniger als ein Jahr. Gleichzeitig setzt der Schüler seine Schulausbildung in den Fächern Englisch/Französisch und Mathematik fort. Dadurch bekommen Schüler einen Einblick in einen künftigen Beruf, ohne die Schule abzubrechen. Absolventen erhalten ein "Certificat de formation à un métier semi-specialisé -CFMS". Absolventen können anschließend eine Beschäftigung aufnehmen, mit der Sekundarschule oder mit einem „Formation professionnelle“ fortfahren (siehe unten).
     

Berufliche Ausbildung (Formation professionnelle)
Ab dem dritten Jahr der Sekundarschule (zweiter Zyklus der Sekundarschule) besteht die Möglichkeit eine Berufsausbildung (Formation professionnelle) in einem „Centre de formation professionnelle“ zu beginnen. Das Programm hat eine Dauer von 600 bis 1800 Stunden (ein bis zwei Jahren), abhängig vom gewählten Beruf. In den meisten Programmen findet auch eine praktische Ausbildung in Form von Praktika in Unternehmen statt,. Absolventen erhalten ein "Diplôme d’études professionnelles - DEP" und haben anschließend die Möglichkeit eine Beschäftigung aufzunehmen oder ein sogenanntes "Programme de specialisation professionnelle" zu belegen. (siehe unten)

Das "Programme de specialisation professionnelle" richtet sich an Absolventen mit dem Abschluss "Diplôme d’études professionnelles – DEP, die sich in einem gewissen Beruf weiterbilden oder spezialisieren wollen. Sie bekommen am Ende des Programms das Zertifikat "Attestation de Spécialisation Professionnelle – ASP“. Das Programm hat eine Dauer von 450-1200 Stunden.


Technische Ausbildung (Formation technique)
Im post-sekundären Bereich gibt es für Absolventen der Sekundarschule (Inhaber des „Diplôme d’études secondaires – DES“) sowie Inhaber eines "Diplôme d’études professionnelles – DEP“ die Möglichkeit, eine dreijährige höhere angewandte technische Ausbildung an einem College zu absolvieren. Diese wird mit dem Abschluss „Diplôme d’études collégiales – DEC abgeschlossen. Absolventen haben anschließend die Möglichkeit eine Beschäftigung aufzunehmen oder eine Spezialisierung oder eine Weiterbildung zu machen. Die Dauer der Spezialisierung ist je nach Beruf unterschiedlich lang. Absolventen erhalten am Ende ein „Attestation d’études collégiales – AEC“.

Quelle:  Offizielle Seite der Provinz Québec

Landesspezifische Besonderheiten

Es wird zwischen "Provincial Trades" und "Interprovincial Trades" unterschieden. Sogenannte "Provincial Trades" sind nur in der Provinz in der das "Apprenticeship Program" absolviert wurde anerkannt.  "Interprovincial Trades" ermöglichen eine Jobaufnahme ohne weitere Prüfungen in ganz Kanada und sind mit einem sogenannten Roten Siegel ("Red Seal") versehen. Ob es sich bei einem "Apprenticeship Program" um ein "Provincial Trade" oder "Interprovincial Trade" handelt, lässt sich auf der offiziellen Seite des "Red Seals" Programms in Erfahrung bringen.

Außerdem wird zwischen reglementierten ("cumpulsory") Berufen und nicht-reglementierten ("voluntary") Berufen unterschieden. Nur wer eine Ausbildung im entsprechenden reglementierten Beruf abgeschlossen hat, darf diesen Beruf ausüben. Nicht-reglementierte Berufe sind grundsätzlich offen für jedermann.

Weiterführende Informationen

Quellen und Links

Genauere Informationen zu den Apprenticeships der einzelnen Provinzen sind auf der Seite des Canadian Apprenticeships Forum sowie auf den Seiten der zuständigen Stellen der jeweiligen Provinz zu finden:

 

Informationen des Auswärtigen Amtes