Länderprofil
Abbildung Griechenland seit 2019

Griechenland

Gültigkeit Seit 01.01.2006
Amtssprache Griechisch

Beschreibung

Das Berufsbildungssystem Griechenlands ist zentralstaatlich und weitgehend schulisch organisiert. Voraussetzung für die Aufnahme einer beruflichen Erstausbildung ist ein erfolgreicher Abschluss der 9-jährigen Pflichtschule, die sich in die 6-jährige Primarschule (Δημοτικό σχολείο) und das 3-jährige (griechische) Gymnasium (Γυμνάσιο) unterteilt.

Das griechische Bildungssystem unterliegt der Aufsicht des Ministeriums für Bildung, Forschung und Religion (Υπουργείο Παιδείας, Έρευνας και Θρησκευμάτων), welches auch für den Bereich der beruflichen Erstausbildung verantwortlich ist. Die berufliche Weiterbildung fällt hingegen in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Arbeit und Sozialversicherung (Υπουργείο Απασχόλησης και Κοινωνικής Προστασίας).

Im Rahmen der beruflichen Erstausbildung können die Jugendlichen Griechenlands zwischen einer Ausbildung an einem beruflichen Lyzeum (Επαγγελματικό Λύκειο) (EPAL) oder an einer beruflichen Schule (Επαγγελματική Σχολή) (EPAS) wählen.

Die Ausbildung an den beruflichen Lyzeen EPAL findet tagsüber in Form von Vollzeitunterricht oder berufsbegleitend in Abendklassen statt. Je nach Unterrichtsform dauert die Ausbildung drei Jahre (Vollzeit) beziehungsweise vier Jahre (Abendklassen) und endet mit einem doppelt qualifizierenden Abschluss Δίπλωμα Επαγγελματικό Λύκειο. Weiterhin erhalten sie ein Ausbildungszertifikat ISCED Level 3 Πτυχίο. Vermittelt werden allgemeinbildende Inhalte und berufsrelevante Fertigkeiten im gewählten Berufszweig. Absolventen der EPAL steht auf Grund ihres doppeltqualifizierenden Abschlusses ein breites Spektrum an weiteren Bildungs- und Berufswegen offen: 

  • Übergang in den Arbeitsmarkt;
  • Ein einjähriges betriebliches Praktikum (Τάξη μαθητείας) im Postsekundärbereich;
  • Fortsetzung der Ausbildung an einer Hochschule (Ανώτατα Εκπαιδευτικά Ιδρύματα, AEI) oder Fachhochschule (Ανώτατα Τεχνολογικά Εκπαιδευτικά Ιδρύματα, ATEI);
  • Besuch von postsekundären Berufsbildungsinstituten (Ινστιτούτα Επαγγελματικής Κατάρτισης, IEK).

Das Studium an der EPAS Schule entspricht dem Vorbild der dualen Berufsausbildung und dauert insgesamt 3 Jahre, davon ein Jahr zunächst an einem allgemeinbildenden oder beruflichen Lyzeum. Zuständig für die duale Ausbildung ist das Arbeitsministerium bzw. die Organisation für Beschäftigung des Arbeitskraftpotenzials. Die Ausbildung zeichnet sich durch einen hohen Praxisanteil aus, der zumeist im Betrieb vermittelt wird. Typische Ausbildungsgänge dieser Schulform sind in den Bereichen Kfz, Elektrik und Installation angesiedelt. Nach der Ausbildung erhält der Absolvent ein Abschlusszeugnis (Δίπλωμα επαγγελματικής σχολής) und ein Ausbildungszertifikat ISCED Level 3 Πτυχίο, was sie zur Ausübung eines Berufs oder zum fachgebundenen Besuch eines postsekundären Berufsbildungsinstituts (IEK) berechtigt.

Die Berufsausbildungsinstitute IEK (Ινστιτουτα Επαγγελματικος Καταρτισης; Instituta Epagelmatikis Katartissis) bieten zwei Arten von beruflichen Bildungsgängen für unterschiedliche Zielgruppen an:

  • Erwachsene, die die Pflichtschule besucht haben, können an den IEK eine einjährige berufliche Erstausbildung absolvieren.
  • Absolventen der allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe II sowie der EPAL- und EPAS-Schulen können in diesen Instituten ihren (beruflichen) Bildungsweg fortsetzen.

Am Ende der ein- bis zweijährigen Ausbildung (einjährig fachgebunden, sonst zweijährig) in den Berufsausbildungsinstituten erhalten die Absolventen eine Berufsausbildungsbescheinigung (Βεβαίωση επαγγελματικής κατάρτισης). Anschließend können die Absolventen noch an theoretischen und praktischen Prüfungen teilnehmen, um das Zertifikat der Berufsausbildung  (Πιστοποιητικό επαγγελματικής κατάρτισης) zu erlangen - welches auf dem ISCED Level 4 einzustufen ist. Diese Prüfungen werden vom zentralen Prüfungsausschuss der Nationalen Organisation für die Zertifizierung von Qualifikationen und Berufsberatung (Εθνικός Οργανισμός Πιστοποίησης Προσόντων και Επαγγελματικού Προσανατολισμού, Ε.Ο.Π.Π.Ε.Π.) durchgeführt.

Im Postsekundärbereich gibt es den Ausbildungsweg einer höheren Berufsausbildung, der mindestens zwei Jahre dauert. Zugang zur höheren Berufsausbildung haben in der Regel Absolventinnen und Absolventen des allgemeinen Lyzeums oder des beruflichen Lyzeums. Diese Ausbildung findet in Berufsbildungseinrichtungen statt, die von unterschiedlichen Ministerien beaufsichtigt werden. Der praktische Anteil wird im Betrieb absolviert. Nach erfolgreichen Abschlussprüfungen erhalten die Auszubildenden einen Abschluss der höheren Berufsausbildung (Πτυχίο ανώτερης επαγγελματικής).

Landesspezifische Besonderheiten

Die Euro-Krise und die damit für Griechenland verbundenen Auflagen haben zu deutlichen Veränderungen in der staatlichen Verwaltung Griechenlands geführt, wovon auch der Bereich der beruflichen Bildung betroffen ist. Noch bis Anfang 2012 war die nationale Organisation für Berufsbildung OEEK (Organismos Epangelmatikis Ekpaidefsis kai Katartisis; Οργανισμός Επαγγελματικής Εκπαίδευσης και Κατάρτισης) für die Curricula zuständig. Die OEEK wurde nun in eine neue Behörde mit dem Namen „Nationale Organisation für die Zertifizierung von Qualifikationen und Berufsberatung (EOPPEP)“ überführt. Weitere, für die berufliche Bildung verantwortliche Institute, die vor der Restrukturierung direkt an die OEEK angeschlossen waren, wurden zwischenzeitlich dem Generalsekretariat für Lebenslanges Lernen angegliedert. Beide Einrichtungen („Nationale Organisation für die Zertifizierung von Qualifikationen und Berufsberatung (EOPPEP)“, „Generalsekretariat für Lebenslanges Lernen“) sind dem Ministerium für Bildung, Lebenslanges Lernen und Religionen unterstellt.

Aktuelle Reformprozesse

Griechische Informationen zum neuen Berufsbildungssystem finden Sie auf der Seite des griechischen Bildungsministeriums.

Aktuelle Informationen zu der Abschaffung der Berufsschulen SEK (Σχολές επαγγελματικής κατάρτισης) finden sich auf der Seite der Nationalen Organisation für die Zertifizierung von Qualifikationen und Berufsberatung (EOPPEP).

Historische Entwicklung

Berufsbildungssystem von 1998 bis 2005
Gültigkeit: 01.01.1998 - 31.12.2005

Beschreibung

Die weiterführende Sekundarebene II (ISCED 3) umfasste nach der Reform von 1997 mit den neuen Gesetzen 2525/97 und 2640/98 zwei verschiedene Schultypen: das allgemeinbildende Lyzeum (Γενικό Λύκειο) und die berufsbildende Schule (Τεχνικό Επαγγελματικό Εκπαιδευτήριο – TEE). Der Unterricht am allgemeinbildenden Lyzeum dauerte drei Jahre und an den berufsbildenden Schulen (TEE) zwei Jahre („A-Level“) bzw. drei Jahre („B-Level“). An den TEE gab es also zwei verschiedene Studienabschnitte mit zwei separate Abschlusszeugnisse. Weiterhin erhielten die Absolventen der TEEs ein Ausbildungszertifikat (Πτυχίο). Es bestand die Möglichkeit, dass Schüler/innen den Schultyp wechseln, wobei es zu Übergängen von einem Typ zum anderen kam. Neben den Tagessekundarschulen gab es auch das Abendgymnasium (Εσπερινό Γυμνάσιο).
Das Bildungsministerium hatte die Gesamtverantwortung für die Entwicklung und Genehmigung der Lehrpläne und war für die Aufsicht der meisten dieser Schulen zuständig. Bei bestimmten TEE oblag die Aufsicht dem Gesundheits- und Sozialministerium, dem Landwirtschafts­ministerium und dem Entwicklungs­ministerium. Diese TEE boten berufsbezogenen Unterricht auf speziellen, den jeweiligen Ministerien entsprechenden Fachgebieten an.


Vor der Reform von 1997 gab es anstatt der TEE die technisch berufliche Schule (TES) und das technisch berufliche Lyzeum (TEL). Die Reformen in den letzten 50 Jahren bestanden eher aus einer Umbenennung der Bezeichnung der Berufsschulen (TES/TEL - TEE - EPAS/EPAS), als aus substanziellen Veränderungen.

Informationen zu der Erwachsenenbildung in Griechenland sind in dem Bericht des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung 1997 zu finden.

Informationen zu dem Berufsbildungssystem in Griechenland sind in dem Bericht von CEDEFOP zu finden.

Berufsbildungssystem von 2006 bis 2013
Berufsbildungssystem von 2013 bis 2019
Gültigkeit: 01.09.2013 - 31.08.2019

Beschreibung

Im Jahr 2013 wurde auf Grundlage des Gesetzes Nr. 4186/13 das griechische Berufsbildungssystem zum Teil reformiert. Die EPAL und EPAS Schulen bleiben weiterhin in der gleichen Form wie zuvor bestehen. Allerdings ist es nun möglich an die dreijährige Ausbildung an einer EPAL Schule noch ein einjähriges betriebliches Praktikum (Τάξη μαθητείας) anzuschließen. Die Möglichkeit eine post-sekundäre berufliche Erstausbildung an Berufsausbildungsinstituten der IEK zu absolvieren, fällt jedoch weg. Dafür gibt es eine neue Berufsschulform, die sich SEK nennt:

Die Ausbildungsgänge an den Berufsschulen SEK erstrecken sich über zwei Jahre und existieren für 56 verschiedene Fachrichtungen. Der Unterricht umfasst fachbezogene Theoriestunden sowie praktische Lehreinheiten in schulischen Werkstätten und/oder Labors. Bei SEK-Ausbildungsgängen besteht die Möglichkeit, zusätzliche Praxisphasen in Betrieben einzulegen, womit sich die Ausbildungsdauer von 2 Jahren auf insgesamt 3 Jahre verlängert. Solche betrieblichen Ausbildungselemente erhöhen die Arbeitsmarktchancen der Jugendlichen deutlich. Die Absolventen der Berufsschulen (Σχολές επαγγελματικής κατάρτισης, SEK) erhalten ein Abschlusszeugnis (Δίπλωμα επαγγελματικής σχολής ), was sie zur Ausübung eines Berufs oder zum fachgebundenen Besuch eines postsekundären Berufsbildungsinstituts (IEK) berechtigt. Im Jahr 2016 wurden die Berufsschulen SEK nach dem Gesetz Nr. 4386/2016 abgeschafft. Die letzten Auszubildenden haben ihre Ausbildung im Jahr 2019 in diesen Berufsschulen absolviert.

Weiterführende Informationen

Quellen und Links

Informationen zur beruflichen Bildung finden sich auf der Website des Ministeriums für Bildung, Lebenslanges Lernen und religiöse Angelegenheiten. Diese Informationen sind fast ausschließlich nur auf Griechisch verfügbar. 

Zentrale Informationen über berufliche Ausbildungsgänge sowie zu aktuellen Ausbildungsordnungen und Prüfungen in griechischer Sprache enthält diese Website:

http://edu.klimaka.gr/

Einen Überblick in deutscher Sprache über das griechische Berufsbildungssystem aus dem Jahre 2003 vermittelt folgende CEDEFOP-Publikation:

http://www.cedefop.europa.eu/EN/Files/5135_de.pdf

Detaillierte Informationen auf Englisch zum griechischen Berufsbildungssystem aus dem Jahr 2009 sind unter folgendem Link abrufbar:

http://www.cedefop.europa.eu/files/2009_cr_gr.pdf

 

Informationen des Auswärtigen Amtes